Dr. Eva-Maria Stange
Menschen die Möglichkeit zu ehrendem Gedenken geben
Der von Deutschland ausgelöste Zweite Weltkrieg hat Millionen von Familien überall in der Welt, auf allen Kontinenten, unermessliches Leid gebracht. Infolge der Verbrechen des Nationalsozialismus verloren Millionen Menschen ihre Angehörigen, ohne je etwas Genaues über ihr Schicksal oder den letzten Ruheort zu erfahren. An diese Opfer zu erinnern, ihrer zu gedenken, ihr Schicksal zu klären und die heutige Generation der Lebenden über die Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus aufzuklären, aber auch darüber die Opfer von Stalinismus und SED-Diktatur nicht zu vergessen, ist eine der Hauptaufgaben der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft. Mit ihrer Errichtung 1994 und der Novellierung ihrer gesetzlichen Grundlage im Jahr 2003 kommt der Freistaat Sachsen der ihm aus seiner Geschichte erwachsenen demokratischen und moralischen Verantwortung nach. Die Bürger aus der ehemaligen Sowjetunion bilden eine der zahlenmäßig größten Opfergruppen des Zweiten Weltkrieges. Weit mehr als 20 Millionen Menschen verloren ihr Leben an der Front, in Kriegsgefangenschaft und bei Zwangsarbeit. Ein Großteil von ihnen fand sein Grab in fremder Erde, so auch in Deutschland. Viele ihrer Gräber werden nun bereits seit Jahrzehnten liebevoll von fremden Menschen gepflegt, während die eigenen Angehörigen oft nicht einmal wissen, in welchem Ort sich die Grabstätte befindet. Die umfangreiche Arbeit, die in den letzten Jahren von der Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätte geleistet wurde, ändert diese Situation grundlegend. Tausende Namen sowjetischer Bürger, die auf Friedhöfen im Freistaat Sachsen begraben liegen, werden nunmehr einer breiten Öffentlichkeit in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion zugänglich gemacht. Die Stiftung und ihr Partner Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge schließen mit dieser Publikation eine wichtige Lücke. Sicher werden nicht alle Angehörigen, die durch dieses Buch Aufschluss über die letzte Ruhestatt ihres Verwandten erhalten, die Gelegenheit haben, alsbald an seinem Grab Blumen niederzulegen und ihm so die letzte Ehre zu erweisen. Manch einer wird es wohl auf Grund seines hohen Alters überhaupt nicht mehr können. Vielleicht sind für sie die Beschreibungen und Fotografien in diesem Buch, das Wissen, wo sich das Grab befindet, wie es gepflegt wird und dass die Opfer auch heute nicht vergessen sind, ein später Trost angesichts des unwiederbringlichen Verlustes eines geliebten Menschen.
Dr. Eva-Maria Stange, Staatsministerin Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, Vorsitzende des Stiftungsrates der Stiftung Sächsische Gedenkstätten.